Die vergessenen Helden
Handel: Vor zwei Jahren wurden Kassiererinnen und Regalbestücker gefeiert – Ausbildungsboom ausgeblieben
Ist seither die Zahl der Ausbildungsplätze im Handel nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit um drei Prozent gestiegen. Damit bietet der Handel zwölf Prozent der Ausbildungsplätze an – nur: Die Zahl der Bewerbungen sinkt trotzdem Jahr für Jahr.
Wirtschaftsexperten sehen vor allem wenig attraktive Arbeitszeiten – in Hessen beispielsweise haben vor allem größere Märkte an sechs Tagen die Woche von 7 bis 22 Uhr geöffnet – und berufsbedingte Anwesenheitspflicht statt der Möglichkeit zu einem eventuell sogar gesetzlich verankerten Recht auf Homeoffice als wesentliche Gründe, dass gerade bei jungen Menschen der Handel nicht als Terrain für Helden gesehen wird.
Zudem automatisiert die Branche kräftig, sucht also nach Möglichkeiten zum Einsparen von Personal(kosten): beispielsweise durch Selfscanning. In Baumärkten beispielsweise gehen Experten mittlerweile von einer Quote von bis zu 40 Prozent der Kunden aus, die ihre Einkäufe an Automaten-Kassen selbst einlesen. Und: Bundesweit laufen erste Versuche mit personalfreien Filialen, in denen Einkäufe automatisch registriert und verrechnet werden.
Auf der anderen Seite weiß die Branche, dass es ganz ohne Personal nicht gehen wird. Deshalb versuchen Handelsketten, Jugendliche schon vor der Berufswahl über Social Media zu erreichen. Lidl beispielsweise holte auf Youtube über vier Millionen Aufrufe mit dem »Lidl Plus Rap« seines in Kahl (Kreis Aschaffenburg) beheimateten Kassierers Tillmann Urbaniak. Womit der sich dauerhaft zumindest in der digitalen Welt als Held etabliert hat.
Stefan Reis
