Kommentar des Tages: Holterdipolter-Politik

Stefan Reis zum »Kulturstaat« Bayern

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Münchner Opernfestspiele
Die Bühne in der Bayerischen Staatsoper in München wird für die Opernfestspiele vorbereitet.
Foto: Sven Hoppe/dpa
Da ist den Kulturtreibenden und -schaffenden in Bayern uneingeschränkt zuzustimmen: Vollkommen unverständlich ist es, warum im sich ausgerechnet mit der Bezeichnung »Kulturstaat« schmückenden Freistaat für die Gastronomie 2G gilt und 2Gplus im Kulturbereich bei gleichzeitiger Verringerung des Sitzplatzangebots auf ein Viertel des vorhandenen. Mehr noch; Beim Restaurantbesuch vor oder nach einer Vorstellung können alle an einem Tisch sitzen, vor der Bühne sind Abstand und Masken Pflicht. Kein Wunder also, wenn sich der vom Verband Freie Darstellende Künste in Bayern ausgegebene Slogan »Bier geht vor Kultur« zum immer lauter tönenden Schlachtruf wird gegen eine tatsächliche politische Ungleichbehandlung, für die es keine Argumente gibt.


Es lässt sich deshalb nur noch mit peinlicher Berührung zur Kenntnis nehmen, wenn beispielsweise Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) von einer »gewissen Diskrepanz« in der Behandlung von Gastronomie und Veranstaltungswirtschaft spricht und dabei behauptet, die Staatsregierung müsse wegen der noch unklaren Wirkung der Omikron-Variante zunächst »auf Sicht fahren«. Peinliche Berührung deshalb, weil hier immerhin der Stellvertreter des bayerischen Ministerpräsidenten sich immer klarer als reiner Lobbyist positioniert – bewusst oder unbewusst: Entweder der Mann ist ein immer dummdreister auftretender Populist – oder er ist tatsächlich so naiv, seine Amtsbezeichnung als reiner Gastronomie-Fürsprecher zu verstehen. Beides spricht nicht für seine Qualifikation als Minister.
Natürlich: Aiwanger darf sich auf die Position zurückziehen, nur Verkünder der Botschaft zu sein. Das ist aber auch sein einziges Argument – und er ist willfährig genug, es dankend und unreflektiert von seinem Ministerpräsidenten anzunehmen. Denn beim Thema Pandemiebekämpfung ist er letztlich derjenige im Kabinett, der öffentlich für einen inzwischen nur noch unausgegorenen Aktivismus je nach Laune steht und dafür nicht nur notfalls die Prügel bezieht. Wenn Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) das Kabinett feiert, keine »Hopplahopp-Beschlüsse« zu fassen, dann gehört auch zur Wahrheit, dass die Staatsregierung nur noch Holterdipolter-Politik mit reiner Opposition zum Bund macht und sich ansonsten ganz opportunistisch Stimmungslagen anpasst: Denn das wiederum sind die wachsweichen Einlassungen von Kunstminister Bernd Sibler (CSU) vor einem Gespräch mit Kulturtreibenden am Dienstag, Lockerungen für den Kulturbetrieb »in Aussicht« zu stellen.
Die traditionelle politische Kultur der bayerischen Staatsregierung eben, möcht' man sagen. Allerdings: Von Kultur kann hier überhaupt keine Rede mehr sein. 

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