Hingeschaut: Das politische Schlafschaf Söder
Kolumne
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Umberto Eco 2015: »Die Verschwörungstheorie nimmt uns die Verantwortung. Wir haben keine Schuld, sondern jemand anders.« Ein perfekter Satz des im Jahr 2016 verstorbenen Schriftstellers. Perfekt deshalb, weil er gerade jetzt in Pandemiezeiten so perfekt passt.
Politiker wie Markus Söder behaupten angesichts des derzeitigen Pandemieverlaufs, das wäre ja überhaupt nicht vorhersehbar gewesen, kein Wissenschaftler habe gewarnt. Das ist natürlich nicht nur Blödsinn, sondern schlicht gelogen. Und klingt es nicht sogar wie eine Verschwörungserzählung?
Wissenschaftler warnten und mahnten bereits im Sommer. Wegen der Bundestagswahl wollten viele Politiker gegenüber dem Wahlvolk gut Wetter machen – ignorierten Warnungen und stehlen sich nun feige aus der Verantwortung.
Das machen Verschwörungsanhänger auch. »Corona-Diktatur«, »Todesspritze«, »staatlich gesteuerte Mainstreammedien« – Taucht ein Schlafschaf im Messenger Telegram in diese Querdenker-, Impfgegner-, Verschwörungsanhägerszenen ab, fragt es sich schnell: Ist das Fiktion oder Realität? Es ist Fiktion, die Verschwörer für die Realität halten.
Ein Tipp am Rande: Nach einem solchen Tauchgang unbedingt die Sinne gründlichst reinwaschen: Eine halbe Stunde lang Katzenbabyvideos auf Facebook anschauen oder Quinos wunderbares Mafalda-Comic »Alles wird gut« lesen. Das hilft dem Hirn zu verdauen. Ich weiß, wovon ich rede.
Und wer spaltet jetzt? Die Verschwörer permanent. Schlafschafe dann, wenn es zum Beispiel politische Schlafschafe wie Söder sind. Der glaubt den Verschwörer-Quatsch zwar nicht, lügt aber wie sie. Die Pandemie halten beide damit am Leben.
Torsten Maier
»Hingeschaut« ist die Kolumne der Main-Echo-Chefredaktion
