Die immerwährende Rebellion
Literatur: Michael Seiterle erzählt in »Sinon der Held« griechische Geschichte neu - Einer der produktivsten Autoren im Mainviereck
Hang zum Humoresken
Michael Seiterle hat in Lyrik und Prosa gerne einen Hang zum Humoresken, zeigt sich in »Sinon der Held« aber überraschender und dankenswerter Weise sehr einfühlsam in die Gedankenwelt eines Mannes, der scheinbar keine Chance hat, eben die aber zu nutzen versucht - und eben diese Einfühlsamkeit berührt einen bei der Lektüre.
Höchst gegenwärtiger Mensch
Denn durchaus hätte sich der Autor in seiner erstmals im Herbst 2016 als E-Book veröffentlichten Interpretation des trojanischen Kriegs aus den griechischen Heldensagen auch in rein komödiantischer Weise dem Thema nähern können - was sicherlich den Lesegenuss nicht geschmälert hätte: Michael Seiterle hat in vorangegangenen Veröffentlichungen - zum Teil mit Mitgliedern des von ihm geleiteten Vereins zur Förderung der Dichtung am Untermain - bewiesen, dass er die Fähigkeit besitzt, Komödie und Drama nahezu deckungsgleich zu bringen. Seiterles erster Roman unterscheidet sich allerdings insofern von seinen anderen Werken, als Sinon sich seiner ganzen Tragik bewusst ist - und sein Witz keine achselzuckende Resignation, sondern die stille Rebellion gegen das scheinbar Unausweichliche ist.
Was zu allen Zeiten die Helden des Alltags ausmacht: Und so ist Sinon auch nicht in der Vergangenheit verortet, er ist ein höchst gegenwärtiger Mensch, der endlich den Mut findet zu erzählen, dass die Helden der griechischen Mythologie doch sehr fehlbare Charaktere waren und sich auf Kosten jenes Mannes Sinon verewigten, der tatsächlich den Trojanern die Geschichte eines scheinbar harmlosen Pferdes aufschwatzte und damit den Untergang Trojas einläutete.
bMichael Seiterle: Sinon der Held. Cocon Verlag Hanau 2018; 330 Seiten; 14,90 Euro
Stefan Reis
