WM-Erfolg gegen Spanien: Viktorias Hamza Boutakhrit mit marokkanischen Wurzeln im Freudentaumel
»Ich musste danach erst mal duschen«
Der 29-Jährige besitzt neben der deutschen auch die marokkanische Staatsbürgerschaft, fieberte und schwitzte am Dienstag zu Hause vor dem Fernseher. Im Elfmeterschießen besiegte Marokko den großen Favoriten Spanien. »Ich musste danach erst mal duschen gehen«, sagte er am Morgen nach dem historischen ersten WM-Viertelfinaleinzug der Fußballer aus dem Heimatland seiner Eltern.
Ihre Vorrundengruppe hatten die Marokkaner vor Kroatien und Belgien gewonnen, im Achtelfinale wartete am Dienstag um 16 Uhr Spanien: »Ich war im Homeoffice und habe mir meine Termine extra so gelegt, dass ich das Spiel schauen konnte.« Und es lohnte sich. Auch wenn Boutakhrit vor dem TV leiden musste.
»Sie spielen ja ähnlich wie wir bei der Viktoria, nur natürlich auf einem anderen Niveau. Sie ziehen sich zurück, machen die Räume eng, kommen über die Umschaltbewegung und hatten vorne ihre Aktionen.« Die Qualität der Spanier sei natürlich immens. Meist hat sich das Spiel daher in der Hälfte der Marokkaner abgespielt, was bei Boutakhrit für Anspannung sorgte. Und dann ging es ins Elfmeterschießen, wo Torwart Bono zum Helden wurde.
»Der wird noch einige Tage brauchen, bis er das realisiert,« vermutet Boutakhrit. »Durch seine parierten Elfmeter ist er zum Nationalhelden geworden.« Doch nicht nur deswegen vermutet der Viktoria-Kicker. »Bis dato hat er bei der WM noch kein Gegentor einer gegnerischen Mannschaft kassiert - und das nach einem Elfmeterschießen.«
Boutakhrit dachte sich schon im Laufe der Verlängerung, dass die marokkanischen Siegchancen im Elfmeterschießen gut seien. Immerhin sei Bono, der für den FC Sevilla spielt, in der spanischen Liga zum besten Torwart der letzten Saison gewählt worden. »Das hat den einen oder anderen sicher nervös gemacht, weil sie ihn kennen.« Die Folge: Ein Spanier schoss an den Pfosten, zwei weitere scheiterten an Bono.
Während Boutakhrit duschen ging, begann in der Heimat seiner Eltern eine lange Partynacht. »Ich habe in den sozialen Netzwerken viele Videos gesehen. Leute haben Feuerwerkskörper in die Luft gejagt und sich in den Armen gelegen.«
Boutakhrit, der in Gelnhausen geboren wurde und dort mit seinen drei Brüdern aufwuchs, fliegt einmal im Jahr nach Marokko, um seine Verwandten zu besuchen. Tanten, Cousinen und Cousins leben in Martil, einer Stadt im Norden des Landes.
Abheben werden seine Landsleute nach dem Coup über Spanien aber nicht, glaubt er: »Es war bisher in jedem Spiel einer der Erfolgsfaktoren, dass sie reingehen, als wäre es das letzte. Das war gegen Kroatien, Belgien, Kanada und jetzt auch gegen Spanien so. Und es wird auch gegen Portugal so ein.«
Von Spiel zu Spiel denken und mal schauen, wie weit die Beine tragen, laute die Devise vor dem Viertelfinale am Samstag um 16 Uhr gegen Portugal. »Dass sie Qualität haben, steht außer Frage. Wenn du den Luxus hast, einen Topstürmer wie Rafael Leao erst kurz vor Schluss einzuwechseln«, blickt Boutakhrit interessiert auf den 6:1-Kantersieg des kommenden Gegners über die Schweiz. »Die beste Defensive trifft auf eine der besten Offensiven, das wird spannend.«
Aber auch die Spanier hatten bei dieser WM nicht mit Toren gegeizt (7:0 gegen Costa Rica), bis sie auf Boutakhrits Marokkaner trafen.
