Unterschiede bei Vorstellungsrunde
Wahlforum der Grünen: Kandidaten wollen »klare Kante« gegen AfD zeigen - Keine Aussage zu Koalitionen
»Es braucht einen Typ Klassensprecher«, umriss Martin Heilig (Würzburg) das Anforderungsprofil. Das »Hallihallo« sollte wohl der Versuch besonderer Lockerheit sein. Die Vorstellungsrunde offenbarte noch die deutlichsten Unterschiede. Michael Gerr (Würzburg) wollte sich betont unkonventionell geben, erzählte erst einmal, wie er am Morgen aufgestanden war, wie er seine Mails gecheckt und selber welche geschrieben hatte. Und dass es seiner Frau nicht so gut ging.
Manuela Rottmann (Bad Kissingen) bemühte die Geschichte, erinnerte an die bedeutende erste gesamtdeutsche Wahl 1990. »Es steht irrsinnig viel auf dem Spiel«. Jugendlich, aber kompetent und eloquent präsentierte sich der erst 18-jährige Niklas Wagener (Goldbach). Dagegen brachte Barbara Pfeuffer (Schweinfurt), die unterfränkische Bezirksvorsitzende, gleich das womöglich entscheidende Argument vor. »Ich habe gute Vorarbeit geleistet und bin in Bayern gut vernetzt«, weckte sie Hoffnungen auf einen aussichtsreichen Listenplatz.
Die inhaltliche Diskussion gestaltete sich zäh, was nicht verwundert. Natürlich vertraten die Kandidaten keine unterschiedlichen politischen Positionen. Alle bewegten sich streng innerhalb des grünen Parteikanons und weil der Moderator Michael Stenger seine Hauptaufgabe neben einigen mehr oder weniger humorvollen Bemerkungen besonders darin sah, alle zu allem antworten zu lassen, konnte keiner der Redner wirklich eigene Akzente setzen. Beispiel: »Wie beurteilt Ihr die komplette Flüchtlingsthematik, deutschlandbezogen und weltweit. Bitte kurze Antworten.« Die kamen prompt, wenn auch nicht kurz, und finden sicher alle Eingang in das grüne Wahlprogramm: Fluchtursachen bekämpfen, Waffenexporte, europäische Lösungen, Einwanderungsgesetz.
Ähnlich beim Thema AfD. Da forderten alle Kandidaten eine »klare Kante« gegenüber den Rechtspopulisten. Heilig räumte zumindest ein, »dass ich da ein bisschen ratlos bin«, und Rottmann warnte davor, nicht gleich auf jede Provokation der AfD zu reagieren.
Aber wie erreicht man überhaupt die Wähler? Mit den Menschen reden, sie ernst nehmen, nicht nach dem Mund reden, die Ängste aufnehmen, mit »unseren Ideen« darauf reagieren. Am Tisch im Versammlungssaal kann praktische Politik schon mal einfach werden. Interessant war da jedoch der Hinweis von Pfeuffer, »dass Wahlkämpfe über Emotionen gewonnen werden. Derzeit herrschen jedoch vor allem negative Emotionen, die können wir nicht besetzen.«
Auch beim letzten Thema große Einigkeit auf dem Podium. Über mögliche Koalitionen in Berlin wollen alle Kandidaten nicht reden. Unterschiede allenfalls in Nuancen. Rottmann will »bis zum letzten Blutstropfen« für eine Regierungsbeteiligung kämpfen, Wagener zwar auch, scheut sich aber nicht vor der Festlegung, »wenn eine Koalition nicht klappt, dann klappt sie eben nicht.« Nach zweieinhalb nicht immer kurzweiligen Stunden hatte sich zumindest keiner der Kandidaten ins Abseits gestellt. Eine Favoritenstellung konnte sich ebenfalls niemand erarbeiten. So spricht viel dafür, dass sich die Chancen eines Unterfranken eben doch in Parteitagsabsprachen im Dezember entscheiden.
Klaus Gast
