»Eine schreiende Ungerechtigkeit«

Matthias Fischbach: Der bayerische FDP-Bildungspolitiker stellt Verbeamtung von Lehrern in Frage

MÜNCHEN
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Der baye­ri­sche FDP-Bil­dungs­po­li­ti­ker Mat­thias Fisch­bach wirbt da­für, das Schu­len selbst ent­schei­den dür­fen, ob sich neue Leh­rer als Beam­te oder als An­ge­s­tell­te ein­s­tel­len. Mit ihm sprach un­se­re Münch­ner Re­dak­ti­on über die­sen Vor­schlag.

Herr Fischbach, Sie haben Zweifel an der Verbeamtung von Lehrern geäußert. Angestellte Lehrer könnten viele Vorteile haben.

Beamte wurden bewusst finanziell bessergestellt, weil man Pensionslasten und Sozialabgaben nicht in die aktiven Jahre einrechnet wie das bei Angestellten der Fall ist. Deshalb zahlt man Angestellten bereits brutto weniger. Das führt dazu, dass man lieber verbeamtet werden möchte. Natürlich gibt es auch einige, die die Sicherheit des Beamtenstatus schätzen. Aber Lehrer sollte man ja nicht werden, nur um mehr Sicherheit zu haben. Der Schule können auch ein paar Zickzack-Lebensläufe nicht schaden, etwa von jemanden, der früher ein Unternehmen hatte und dann mal in die Schule geht. Auch für solche Persönlichkeiten sollten wir attraktive Arbeitsverhältnisse bieten.

Sind Beamte für den Staat nicht billiger als Angestellte?

Wenn man all diese Leistungen für Beamte einkalkuliert, sind Anstellungen nicht teurer. Es sollte in der freien Entscheidung einer Schule liegen, ob sie einen verbeamteten oder einen angestellten Lehrer haben möchte.

Mit anderen Worten: Angestellte Lehrer müssten mehr bekommen als verbeamtete?

Die systematische Schlechterstellung angestellter Lehrkräfte muss ein Ende haben. Sie ist eine schreiende Ungerechtigkeit. Wenn man alle Leistungen für Beamten zusammenrechnet, summiert sich das für ein Berufsleben eines Beamten auch bei gleicher Arbeitsleistung auf hunderttausende Euro Mehreinnahmen. Dazu kommt noch die Unsicherheit. Das muss grundsätzlich anders gedacht werden. Mit dem kameralistischen Haushaltssystem wird der Eindruck erweckt, als ob es günstiger werde, einen Beamten zu beschäftigen. In der langen Sicht ist es das nicht. Das kann nicht die Richtschnur sein, um über die Frage Verbeamtung Ja oder Nein zu entscheiden.

Es ist aber doch nicht zu erwarten, dass der Staat ein Füllhorn für angestellte nicht verbeamtete Lehrer ausschüttet.

Wir müssen uns dringend bei den Kosten für die Beamtenpensionen ehrlich machen. Die Rücklagen für den Pensionsfonds für die Beamten in Bayern reichen nicht aus. Allein bei den Lehrkräften stiegen die Kosten für Pensionen in den letzten Jahren jeweils um mehr als 100 Millionen Euro an. Es reicht bei Weitem nicht, was da gerade zurückgelegt wird.

Lehrer- und Beamtenverbände sehen mitunter so etwas wie den Untergang des Abendlandes heraufziehen, wenn Lehrer nicht mehr verbeamtet würden. Können Sie die Sorgen nachvollziehen?

Das Abendland ist etwas größer als Bayern und Deutschland und selbst in Deutschland gab es Länder, die vom Beamtentum weg gingen und jetzt aus haushaltstechnischen Gründen teilweise zurückkehren. Aber im Abendland sind Bayern und unser Modell eher die Ausnahme. Es wäre an der Zeit, sich andere Länder anzusehen, die in der Schulbildung sehr erfolgreich sind wie Estland und Finnland, wo die Lehrer nicht verbeamtet sind.

Wäre es ein Argument gegen die Verbeamtung, dass man Lehrer, die offensichtlich für den Beruf nicht geeignet sind - so etwas soll es tatsächlich geben - wieder los werden kann?

Ich halte es für wichtiger, dass die Schulen ihre Teams selbst zusammenstellen können. Die mit dem Beamtentum verbundene Verschickung über das ganze Land halte ich für ein Problem. Ich würde den Schulen wesentlich mehr Freiheiten beim Personalmanagement übertragen. Es ist eine Illusion, zu meinen, dass man bei einem Angestelltenverhältnis die Mitarbeiter so vielleichter los wird. Aber man bekommt mehr Möglichkeiten, Leistungsanreize zu setzen. Im Beamtensystem sind diese Leistungsanreize im Schnitt auf ein Prozent der Gehaltssumme begrenzt. Das sind homöopathische Maßnahmen. In der freien Wirtschaft sind zehn oder mehr Prozent in vergleichbaren Berufsfeldern üblich. Für die Schule heißt das: Wer Schüler voranbringt, muss auch selbst vorankommen.

Würden dann manche Regionen im Freistaat Bayern dann überhaupt noch neue Lehrer bekommen?

Daraus spricht eine Grundannahme, die ich ablehne, nämlich der Gedanke, Lehrkräfte an Orte zu zwingen, wo sie eigentlich nicht hingehen würden. Ich finde, man müsste diese Orte attraktiver machen. In der freien Wirtschaft machen sich Unternehmen sehr viele Gedanken, wie sie Arbeitsplätze besetzen können. In unserem Schulsystem sieht man in den Lehrkräften nicht Menschen, sondern Stellen, die man besetzt, deren Anschlussverwendung gesucht werden muss, und so weiter. Allein schon diese Sprache schreckt viele ab. Wir verlieren dadurch gute Lehrkräfte. Es spricht doch nichts dagegen, wenn die Schulen attraktive konkurrenzfähige Angestelltenverhältnisse anbieten.

Müssen überhaupt in öffentlichen Bereichen so viele Mitarbeiter ins Beamtenverhältnis übernommen werden wie das derzeit der Fall ist?

In Bayern ist das Kultusministerium der Dienstherr mit den meisten Beamten. In der kommunalen Verwaltung gibt es deutlich mehr angestellte Kräfte als verbeamtete, die auch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Wenn man für die Schulen eine hundertprozentige Verbeamtung anstrebt, dann passt das nicht mehr zusammen. Ja, wir müssen fragen, wo wir wirklich Beamte brauchen. Es war uns klar, dass unser Vorstoß auf Widerspruch stößt, aber wir müssen diese Diskussion führen, wo Beamte nötig sind oder wo man auf Angestelltenverhältnisse wie in der Wirtschaft üblich zurückgreifen kann.

Hintergrund

» Wer Schüler voranbringt, muss auch selbst vorankommen. «

Matthias Fischbach, FDP-Bildungspolitiker

Hintergrund

» Wir müssen uns bei den Kosten für Beamtenpensionen ehrlich machen. «

Matthias Fischbach, FDP-Bildungspolitiker

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