Sieben von einem Schlag - und doch verschieden
Ausstellung: »Als wären es meiner drei...« mit Werken von Künstlerinnen des MalerinnenNetzWerk im Kunstlanding Aschaffenburg
Deswegen haben sich 2015 mehrere Künstlerinnen zum MalerinnenNetzWerk Berlin-Leipzig zusammengetan und treten seitdem gemeinsam bei Ausstellungen auf, tauschen sich untereinander aus - verfolgen aber durchaus auch ihre eigenen Laufbahnen.
Was das bedeutet, was dabei herauskommt, kann man jetzt in der Ausstellung »Als wären es meiner drei...« des Neuen Kunstvereins im Kunstlanding in Aschaffenburg entdecken. Sieben Künstlerinnen - sechs Malerinnen und eine Zeichnerin - bespielen das gesamte Haus in der Landingstraße. Sieben Frauen rocken das Gebäude, verwandeln es in einen Ort, an dem man sich wundern, staunen, rätseln und auch immer ein wenig gruseln kann.
Das beginnt schon im Erdgeschoss im Café, wo Eva Schwab (geboren 1966 in Frankfurt) ihre Pauline in riesigen Formaten gemalt hat. Das Mädchen aus Heinrich Hoffmanns Geschichte ist bei ihr zur Frau geworden - eine, die die Kindlichkeit abgestreift hat, die ihren Mädchenzopf abgeschnitten hat.
Den sieht man geflochten dann im darüberliegenden Raum im ersten Stock bis unter die Decke gespannt. Dazu sieht man die schemenhaften Bildnisse Paulines. Geballte, überbordende Weiblichkeit. Alles fließt in den Gemälden. Dort ein Arm, da eine pralle Hüfte. Aber ob Mann, ob Frau: Nicht einfach zu erkennen. Es bleibt offen.
Auch Catherine Lorent (geboren 1977 in München) spielt mit dem Betrachter und seiner Wahrnehmung. Das Zerrbild der Mona Lisa wird auf dem runden Stahlstab, der im Gemälde steckt, zum wohl bekannten Bild Leonardo da Vincis. Und was nach einem lauen Sommernachmittag auf einer Terrasse am Meer aussieht mit Aperitif unter dem weißen Sonnenschirm, ist in Wahrheit erschreckend. Denn das unförmige, graue Gebilde im Vordergrund auf dem Tisch ist ebenfalls ein Zerrbild: ein Totenschädel, ein Memento mori, Symbol für den Lebenslauf, der jederzeit zu Ende gehen kann. Das alles garniert die Künstlerin mit Elementen von Wappen: Schilde, Helmzier, Postamente, Devisen.
Und wer dann weiterzieht zu Justine Otto im letzten Raum, der wundert sich über nichts mehr. Die Künstlerin (geboren 1974 in Polen) hat ihren Stil radikal verändert. Wer sie noch kannte mit Fantasiewesen und starken Frauenbildern, die mit Hunden und anderen Tieren durch Wälder zogen und dabei Geschichten erlebten, der macht bei ihren neuen Werken die Augen auf: allesamt Männer. Keine Frauen mehr. Sie sei mit dem Thema einfach nicht mehr weitergekommen, erzählt sie. In einer Nacht dann habe sie mit ihren Helden begonnen. Wer strahlende und selbstbewusste Schönlinge erwartet, der wird bei Otto enttäuscht. Es sind Gebrochene, Gequälte, Gequirlte, Verzogene, Verirrte.... Sie hängen in Bäumen, schleppen halb tote Pferde hinter sich her. Oder sitzen erschöpft inmitten einer Hundeschar, die sich um sie sammelt. Sie haben den einen oder anderen Kampf hinter sich - und das sieht man ihnen an. Ein wenig surreal mutet das an. Und Otto abstrahiert deutlich mehr als früher. Der unheimliche Moment wohnt ihren Werken - auch den Skulpturen - aber immer noch inne. Dieses Zweifeln, ob das sein kann, was man sieht. Dieses Rätseln, was hinter dem steckt, was man sieht. Es hüllt das Brutale, das Rohe ein und überdeckt es - als wollte es es mit rosa Puder übertünchen. Wo eigentlich nacktes Fleisch derb hervorquillt.
Dieses Unheimliche eint alle Künstlerinnen in der Ausstellung. Auch Miriam Vlaming (geboren 1971 in Hilden) hält diese ambivalenten Augenblicke in ihren Frauenporträts fest. Der Mund der einen Frau sieht aus, als stecke ein Knebel darin. Und die Liegende wirkt, als hätte sie sich nicht freiwillig in die Position begeben. Ihr gegenüber sind Werke von Stephanie Dost (geboren 1980 in Leipzig) gehängt. Die Zeichnungen in Schwarz-Weiß muten glamourös - sind aber im Kern rätselhaft. Da fläzt sich Burt Reynolds breit ins Bild - nackt bis auf ein Höschen. Und das Paar, das sich im Bett liegend anhimmelt, hat auch etwas Manieriertes, Künstliches. Was die drei Frauen wohl mit dem Hecht anfangen, den sie im Wasser stehend in ihren Händen halten? Ihre Gesichter lassen jedenfalls nichts Gutes erwarten.
Kathrin Kunerts (geboren 1962 in Leipzig) Momentaufnahmen sind ein Spiel mit Licht und Schatten - und ebenfalls mit dem unterschwellig Bedrohlichen und Beklemmenden. Die harmlosen Puppen in ihren Puppenstuben, das Karussell, das sich dreht: In der wohl geordneten Perspektive scheint etwas verkehrt.
Aber niemand zeigt das Böse, das Beklemmende, das Düstere so deutlich und so offen wie Cornelia Renz (geboren 1966 in Kaufbeuren), die als letzte der Schau das Ausrufezeichen setzt mit ihren Werken. Manche sind schwer auszuhalten.
Aber in der Tat sind die aus mehreren bemalten Plexiglasscheiben zusammengesetzten Bilder meisterhaft. Zitate, Symbole, Versatzstücke aus Comics oder anderen Kunstwerken fügt sie zu riesigen Bildwelten, die über das Leben und den Tod, das Sein und das Vergehen, das Gute und das Böse sinnieren.
Ausstellung »Als wären es meiner drei...«: Mit Werken von Justine Otto, Miriam Vlaming, Katrin Kunert, Catherine Lorent, Eva Schwab, Cornelia Renz und Stephanie Dost; bis 20. November im Kunstlanding Aschaffenburg, Landingstraße 16; geöffnet Dienstag 14 bis 19 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 11 bis 17 Uhr; Begleitprogramm: Führungen nach Voranmeldung; Donnerstag, 13. Oktober, ab 19 Uhr, Tablequiz mit Barbetrieb; Sonntag, 23. Oktober, 11 Uhr, Art Brunch mit Kinderlanding; Dienstag, 8. November, 19 Uhr, Führung mit Barbetrieb; Kontakt: Telefon 06021/299278, Mail info@kunstlanding.de; Internet www.kunstlanding.de
