Künstlerin Linda Schwarz schafft aus Seitenköpfen des Main-Echo Werke mit dem Schriftzug »ART« Kunst

Ausstellung ab September

Triefenstein
4 Min.

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06.09.2022 Homburg am Main, Künstlerin Linda Schwarz, SpessART Collage.
Foto: Victoria Schwab
Genau hinschauen! Foto: Victoria Schwab
Foto: Victoria Schwab
06.09.2022 Homburg am Main, Künstlerin Linda Schwarz, SpessART Collage.
Foto: Victoria Schwab
Wenn die­ser Land­s­trich Kunst ist: Dann ist er ei­ne Gra­fik, kei­ne Fra­ge. Zeugt doch schon al­lein die­ser Na­me - Spess­ART - da­von, wie vie­le sc­hö­ne Küns­te sich hier ver­sam­meln und ve­r­ei­nen; dass hier die Bäu­me grün­den, die de­r­einst zu Pa­pier wer­den - und die­ses Pa­pier Grund­la­ge für die In­for­ma­tio­nen an die Nach­welt wird.

Denn leitet sich nicht von dem lateinischen Wort »ars« das weltumfassend englische »ART« für Kunst ab, und ist nicht der ARTist der Künstler überhaupt? Ein musikalisches StreichquARTett ist er bereits, der SpessART: Das hatte der Berliner Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890 bis 1935) nach seinen Wanderungen durch die Wälder im Mainviereck verkündet. Nun, ein Jahrhundert später also, und damit mitten in der GegenwART, Grafik - natürlich! Denn:

Treten Sie ein ins PARTerre des Schlosses Homburg des Marktes Triefenstein im Main-SpessART-Kreis. Hier, im Atelier der Künstlerin Linda Schwarz befindet sich eines der DepARTements der Drucktechnik am Mainlauf - und vergessen Sie gleich mal den KARToffeldruck, den Sie in der Schule gelernt haben. Versammelt sind in diesem Gewölbe um eine Hunderte von Jahre alte Druckpresse Papiere jeder Stärke und jeden Gewichts, Farben und Pigmente, Leime und Leinwände. Wer die Tür geöffnet hat, hält die EintrittskARTe in den Händen zu einem Reich, in dem das Wort über allem steht und schwebt - und in diesen Tagen besonders das aus den drei Buchstaben ART.

Fleißarbeit: Zeitungsworte werden archiviert. Foto: Victoria Schwab
Foto: Victoria Schwab
Fitzel für Fitzel

Die finden sich beispielsweise jeden Tag auf den Seiten jener Main-Echo-Ausgabe, die die Leut' in Triefenstein lesen: MAIN-SPESSART steht da im Kopf, vorzugsweise in jener grünen Schrift, mit der in der Zeitung der Lokalteil gekennzeichnet ist; manchmal im Gelb des Lokalsport-Teils. Aus diesen Seitenköpfen amputiert Linda Schwarz mit routiniertem Rasierklingenschnitt das ART und sortiert den Fitzel Papier - wie viele andere mit vielen anderen Buchstabenkombinationen - in Ablagen. Das ist der MarkenARTikel der Künstlerin: Was in der Zeitung stand, ist zu schade zum Wegwerfen. Jedes Wort hat seine Bedeutung und seine Zeit - also muss es bewahrt werden.

06.09.2022 Homburg am Main, Künstlerin Linda Schwarz, SpessART Collage. UN ART I G
Foto: Victoria Schwab
Drei Grafiken

ART beispielsweise - und eben nur aus Main-Echo-Seiten. Denn ungleichARTig soll das Kunstwerk ja nicht werden. Aus diesen drei Buchstaben entsteht Kunst, derART zu sehen in den nächsten Wochen beim Verein WeinKulturGaden in Thüngersheim im Main-SpessART-Kreis. Zwei Grafiken sind schon fertig, wuchtig und zART zugleich: jeweils 640 ART im geometrischen Muster, uner-wARTet gebrochen nur von wenigen Einsprengseln, die für Einzigartigkeit sorgen. FROM THE ART TO HEART prangt in der einen Grafik, die andere bricht an den vier Ecken aus mit den Worten UNIQUE, EINZIG, WORK und IG. In diesen Tagen kommt die dritte ART-Grafik dazu, schlicht UN ART IG genannt.

06.09.2022 Homburg am Main, Künstlerin Linda Schwarz, SpessART Collage.
Foto: Victoria Schwab

Es sind Zufälle, die über die Verbindung von ART mit anderen Buchstaben entscheiden, sagt Linda Schwarz. Und nein: Damit äußere sie keine Botschaft. »Es gibt doch die Freiheit des Denkens«, sagt sie.

Die Idee bestimmt die Qualität

Botschaften braucht es auch nicht. Das GroßARTige an der Kunst ist ja, dass sie von der Idee bestimmt wird - und beim Handwerk ist die 59-Jährige sowieso ganz vorne dabei:

Für eine ART-Grafik wird eine belgische Leinwand zwei Mal grundiert, geschliffen, erneut grundiert, ein Gitter in die Leinwand gezogen und dann in jedes Gitterquadrat ein Main-Echo-ART gesetzt. Das Gitter wird mit fluoreszierender Farbe überzogen und die gesamte Grafik mit UV-Schutz imprägniert: Zeitungspapier ist lichtempfindlich und droht bei dauerhaftem Tageslicht auszubleichen. Die LebenserwARTung des Kunstwerks soll jedoch nicht endlich bleiben, das Werk für immer - Kunst kostet Geld - wARTungsfrei sein. Zum abschließenden Ausmalen benutzt Linda Schwarz lichtechte Tusche.

Eine ZubereitungsART wie bei einem guten Essen eben - und genau diesen Vergleich nimmt Linda Schwarz für ihr Schaffen: ART ist nichts anderes als reiner Genuss. Und wie der Koch beim Zubereiten von Speisen auf seine eigenen Kräuter und Gewürze zurückgreift, so hat die Grafik-Künstlerin Linda Schwarz eben ihren Strauß an Worten und Buchstaben.

06.09.2022 Homburg am Main, Künstlerin Linda Schwarz, SpessART Collage.
Foto: Victoria Schwab
Zuarbeit

Mittlerweile gibt es im Ort sogar eine pARTnerschaftliche Hilfe für die Kunstlehrerin am Marktheidenfelder Gymnasium. Denn das Ausschneiden der Papiere kann zu einer zermARTernden Arbeit werden, da tut Zuarbeit gut. Und dann ist da ja auch nicht nur das Main-Echo. Da warten viele weitere Zeitungen auf ihre grafische Zukunft, da offenbART sich ganz plötzlich ein Gedanke beim Blick auf eine Seite. Die tägliche Main-Echo-Seite 2 »Blickpunkt« zum Beispiel, oder die samstägliche »Sellemols«: Linda Schwarz kann sich dafür ganz eigene DarstellungsARTen vorstellen, auch wenn sie die entsprechende LesART dazu bislang nicht gefunden hat. Muss sie aber auch nicht: Die in der Nähe von StuttgART Geborene - »Ich komme aus dem Land von Hölderlin und Mörike« - ist bei Worten und Papier ein hARTnäckiger Mensch und erwARTungsvoll an sich selbst: »Ich lass' mich da einfach mal überraschen.«

Wird auch noch Kunst: »Sellemols« aus dem Main-Echo. Foto: Victoria Schwab
Foto: Victoria Schwab
Die »Nachbarschaft«

Ob dabei die Buchstaben aus dem Main-Echo im Vergleich mit denen auf anderem Papier zu einem anderen künstlerischen Ergebnis führen? Ein apARTer Gedanke, zweifellos - aber gar nicht so eigenARTig. »Jedes Papier hat seinen Charakter, so wie die Menschen«, sagt Linda Schwarz - und fügt nach einem kurzen WARTen an: »Zeitungspapier ist zickig« - weil der kurzen Fasern wegen schwer zu bearbeiten.

Schließen Sie die Tür des Ateliers und stARTe einen Gedanken, dem die Künstlerin den Keim gesetzt hat: Da gibt es doch diese Seite »Nachbarschaft« im Main-Echo, sagt Linda Schwarz. Und jetzt raten Sie mal, welches Wort sich in »Nachbarschaft« verbirgt.

Info: Die Ausstellung

Linda Schwarz, Unartig ? Druckgrafik, Collage, Fotografie (Samstag, 17. September bis Sonntag, 13. November): WeinKulturGaden Thüngersheim (Main-Spessart-Kreis), Kirchgasse 2, www.weinkulturgaden.de; Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung; Eintritt frei.

Eröffnung der Ausstellung ist am Samstag, 17. September, um 19 Uhr. Die Ansprache hält Hansjörg Ewert.

Zur Person: Linda Schwarz

Die 1963 in Stuttgart geborene und in Leinfelden-Echterdingen aufgewachsene Linda Schwarz studierte Bildhauerei, Malerei und Musikwissenschaften an der Freien Kunstschule Stuttgart sowie an der Hochschule der Künste in Berlin. Zeitweise arbeitete die Meisterschülerin in der Druckerei Universal Limited Art Editions bei Robert Rauschenberg (1925 bis 2008) und Jasper Johns (geboren 1930), die als moderne Großmeister der internationalen Druckgrafik gelten.

Seit 1991 stellt Linda Schwarz ihre druckgrafischen Werke einzeln und in Gruppenschauen aus. Auf Schloss Homburg bei Triefenstein bietet sie Sommerakademien an. Bei ihren Drucktechniken verzichtet Linda Schwarz auf chemisch aggressive Substanzen.

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