Aschaffenburger versteigert selbst genähten Schuh für die Ukraine
Florian Scheuermann fertigt Sneaker an
"Peace Jacks" nennt Florian Scheuermann diese kunstvollen Schuhe. Er versteigert sie im Internet, der Erlös geht an Unicef. "Ich hätte das Geld auch gern an eine Einrichtung hier in der Region gegeben", sagt er. Aber: Von den bislang knapp über 70 Bietern kommen die meisten aus China. "Also habe ich mich auch für eine internationale Organisation entschieden."
Die Aktion geht noch bis Samstag (siehe "Hintergrund"), am Sonntag, 3. April, zieht Florian Scheuermann (Künstlername: kraz83kicks) dann einen Gewinner. "Der Krieg", sagt er, "hat mich total bewegt. Ich wollte etwas tun." Also habe er sich Anfang März an die Nähmaschine gesetzt. Für seine Werke nimmt er den Ursprungsschuh auseinander und ersetzt das vorhandene Material durch ein anderes. Industrieschuhe, sagt Scheuermann, bestünden heute meist aus wenig wertigem, zusammengemischtem Leder. Für seine Ukraine-Schuhe hat er dieses durch Schlangenleder ersetzt. Aus Tierschutzgründen achte er darauf, nur hochwertiges Leder zu verwenden, von dem er die Herkunft genau kennt.

Er sei schon immer ein "Schuh-Narr" gewesen, sagt Scheuermann. Schon lang sammelt er "Air Jordan"-Schuhe von Nike. 2018 habe er sich erstmals "costumized sneaker" im Internet bestellt - also selbst genähte Kunstwerk-Schuhe. Und zwar solche des US-Amerikaners Dominic Ciambrone, eine Ikone in der Szene. Kosten: 1500 Dollar. "Meine Familie und meine Freunde haben mich ausgelacht", erinnert sich Scheuermann. "Aber ich vergleiche das immer mit einem Kunstsammler. Wenn dieser ein Werk eines Malers erwirbt, den er richtig gut findet, kostet das weit mehr." Solche Sneaker seien eben kein reiner Gebrauchsgegenstand, sondern Kunst.
Tatsächlich ähnelt die Sneaker-Community dem Kunsthandel. Es gibt stark frequentierte Plattformen im Internet, auf denen Schuhe, Teile von Schuhen und anderes Zubehör zu bisweilen sehr hohen Preisen versteigert werden; die bekannteste Sneaker-Börse ist stockX. Darüber ersteht Scheuermann 2018 auch die Ciambrone-Schuhe. Als er die Sneaker ausgepackt habe, sei er total begeistert gewesen. Und habe sich gedacht: Das will ich auch können. Seine ersten drei Schuhe hat Scheuermann mit der Hand genäht, sich 2019 dann die erste Nähmaschine gekauft. Beigebracht hat er sich das Nähen selbst. Es sei ein "harter Weg" gewesen, sagt er. Vor allem, die verschiedenen Materialien kennenzulernen und einzusetzen. Mittlerweile hat er seine eigenen Kniffe. Viele davon zeigt er auf seiner Instagram-Präsenz. Aber alles will er dort nicht verraten. "Die Konkurrenz ist groß", sagt er. Sein Schnittmuster zum Beispiel sei eine Art Betriebsgeheimnis. "Ich will mir ja nicht von allen ins Nähkästchen schauen lassen", betont er und lacht.
Manche in der Sneaker-Community seien durch das Nähen und den Tauschhandel mit den Schuhen richtig reich geworden, erzählt Scheuermann. Das will er gar nicht. "Für mich besteht der Reichtum darin, so viel Spaß mit der kreativen Arbeit zu haben und so viele internationale Kontakte zu knüpfen." Und eben sein Talent für etwas einzusetzen, was auch anderen etwas bringt. "Mit Geld kann ich keinen Frieden kaufen", sagt er. Aber eben manchen Menschen helfen. Der Ukraine-Schuhe, betont er, sei sicher nicht die letzte Benefiz-Aktion, die er ins Leben ruft.
Seine Ukraine-Schuhe versteigert der Aschaffenburger Florian Scheuermann im Internet. Auf kraz83kicks.com können Bieter "Tickets" à 15 Euro kaufen. Pro Ticket landet ihr Name einmal im Lostopf. Noch bis Samstag, 2. April, können Interessierte teilnehmen, am Sonntag zieht Scheuermann dann den Gewinner und benachrichtigt diesen. Es kann einige Monate dauern, sagt er, bis der Schuh dann tatsächlich beim Gewinner eintrifft. Schließlich wird er extra in der angeforderten Größe hergestellt. Weitere Infos auch auf seiner Instagram-Seite @kraz83kicks.(eml)
