Scheinbar mit dem halben Dorf verwandt
Geburtstagskinder: Wenn es was zu organisieren gibt, ist Sascha Salzner in Schlierbach zur Stelle - Serie zum Ortsjubiläum
Sascha Salzner sitzt in seinem Home-Office und besorgt von dort aus das Marketing für die Produkte eines in Großheubach ansässigen Unternehmens. Zu seinem 34. Geburtstag am 12. November gab es keine große Party. Und Fußball spielen kann der Vorsitzende des FSV Schlierbach derzeit auch nicht, da der Spielbetrieb in den Amateurligen derzeit ruht. Im Frühjahr hat sein Verein davon profitiert, ist fast automatisch in die A-Liga aufgestiegen.
Es gebe da ein tolles Gemeinschaftsgefühl in den beiden Mannschaften, versichert der Vorsitzende. Ja, und überhaupt: Die Tatsache, dass ein Dorf mit 630 Einwohnern mit zwei Fußball-Mannschaften aufwarten kann, sei schon was Besonderes - auch wenn etliche der Spieler aus Nachbarorten kommen. Was sie lockt, seien nicht Spritkostenzuschüsse und Antrittsprämien, das könne sich der Verein gar nicht leisten, da es vor Ort kaum Sponsoren gebe. Es sei das solidarische Miteinander, das den Verein so attraktiv mache.
Er steht damit für ein Grundgefühl, das ganz Schlierbach auszeichnet - und seinen Ausdruck etwa in der Vielfältigkeit des Veranstaltungsprogramms für das Jubiläumsjahr gefunden hat. Salzner, sonst ganz vorne mit dabei, wenn es etwas zu organisieren gibt, hat sich da ein wenig zurückgehalten, ist aber trotzdem traurig, dass davon kaum etwas stattfinden konnte. Schließlich war er zumindest als Mitglied des Ortsbeirats in die Vorbereitungen eingebunden.
Auch die berühmte Schlierbacher Kerb konnte dieses Jahr nicht gefeiert werden. Als sich in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends abzeichnete, dass die drei Schlierbacher Vereine - FSV, Feuerwehr, Liederkranz - zunehmend Schwierigkeiten haben, das große Fest auszurichten, ist Salzner 2010 zusammen mit André Reining aktiv geworden und hat die Kerb auf ein neues Fundament gestellt.
Der »Schlierbacher Bub«, der mit dem halben Dorf verwandt zu sein scheint, kann nämlich ganz prima organisieren und hat dabei oft das Gemeinwohl im Auge. Mit »Bembel und Musik«, vom Röhricheck in die Kulturhalle umgezogen, hat er in vier Jahren einen stattlichen Betrag für die örtlichen Kindergärten und für die Kinderkrebshilfe in Darmstadt zusammengebracht. Bei solchen Veranstaltungen tritt er auch selbst als »DJ Sasha« auf. Im Umstädter Club P67 gehört er zum Stammpersonal - und hat angesichts der Corona-Kontaktbeschränkungen sein Programm auf Live-Streams zum Zuhause-Tanzen umgestellt. Auch das mit Benefiz-Note - von der das Kreiskrankenhaus auf der Odenwälder Weininsel profitiert hat.
Sascha Salzner kann sich nicht vorstellen, woanders zu leben als in »seinem« Schlierbach - auch wenn die meisten seiner Generation längst weggezogen sind. Es sei gar nicht mehr so einfach, vor Ort eine Wohnung zu finden, denn der Siedlungsdruck des Rhein-Main-Gebiets reiche inzwischen bis in das kleine Dorf. »Alte Häuser werden von Auswärtigen aufgekauft, und mit dem Neubaugebiet Am Mühlweg wird der Ort voraussichtlich um bis zu 30 Kinder reicher.«
Auch wenn Salzner mit vielen Schlierbachern die Ansicht teilt, dass die stark verdichtete Planung nicht so recht ins ländlich geprägte Dörfchen passt, ist er grundsätzlich froh über Neubürger, macht sich aber auch Gedanken über deren Integration. Schließlich gebe es im Baugebiet Dornhecke, das vor rund 15 Jahren besiedelt worden ist, einige Familien, die man bis heute noch nicht so richtig kennengelernt habe.
Jenseits der Vereine ist das Kontaktangebot im Dorf allerdings dürftig: kein Tante-Emma-Laden mehr, und auch keine Kneipe - was Salzner sehr bedauert. Denn er weiß, dass der offene Donnerstagabend im Vereinsheim des FSV nicht wirklich Ersatz ist. Bleibt die Hoffnung auf einige Veranstaltungen »1250+1« im kommenden Jahr - und eine fröhliche, große Kerb.
