Rotmilan lässt Flächen für Windkraft schrumpfen
Naturpark: Stadt Amorbach widerspricht Verkleinerung der Ausnahmezone bei Boxbrunn - Zweifel an Daten
Es sieht nicht gut aus für die Windkraftpläne der Stadt Amorbach: Im Fortgang des Zonierungsverfahrens, das im Naturpark Bayerischer Odenwald einzelne Flächen für den Bau von Windrädern freigeben soll, bleiben in Zone 4 rund um den Sansenhof kaum noch Möglichkeiten, Anlagen zu stellen.Rotmilan und Schwarzstorch
Zurückzuführen ist das vor allem auf Schwarzstorch und Rotmilan: Die Regierung von Unterfranken hatte zuvor nicht bekannte Vorkommen der geschützten Arten in das Zonierungskonzept einarbeiten lassen. Wo diese Vögel ihre Kreise ziehen, dürfen sich keine Rotoren drehen. Mit Ausnahme der Boxbrunner Flächen nahm der Rat die Änderungen lediglich zur Kenntnis. Zum Teil kamen die Reduzierungen den Überlegungen der Stadt entgegen.
Die Verkleinerung der Ausnahmezone an der Landesgrenze bei Boxbrunn hingegen will der Rat nicht widerspruchslos hinnehmen. Er fordert in der Stellungnahme, das ursprünglich vorgesehene Gebiet beizubehalten, wenn nicht gar mit Blick auf die im Felgenwald auf hessischer Seite entstehenden Anlagen zu vergrößern. Die Zone 4 war im Laufe des Verfahrens von 664 zunächst auf 421 und jetzt auf 350 Hektar reduziert worden. Übrig bleiben fast nur noch Grundstücke auf Weilbacher Gemarkung. Und die Nachbargemeinde lehnt Windräder ab.
Die Amorbacher Verwaltung hegt große Zweifel am methodischen Ansatz, mit dem das Landschaftsbüro Pirkl - Riedel - Theurer das Rotmilanvorkommen ermittelt hat. Außerdem seien die zugrundeliegenden Daten aus den Jahren 2012 und 2013 möglicherweise nicht mehr aktuell, erläuterte der geschäftsleitende Beamte Gerhard Köhler. Die Erkenntnis fußt auf einem Gutachten des Büros für faunistische Fachfragen, das im Auftrag der Energiegenossenschaft Untermain 2015 die Vogelwelt rund um Boxbrunn untersucht hatte. Die EGU plant im Schulterschluss mit der Stadt seit nunmehr vier Jahren, bei Boxbrunn Windräder zu errichten.
Im Gegensatz zu den älteren Daten listet das aktuelle Gutachten dem zweiten Bürgermeister Wolfgang Härtel zufolge sogar mehr Rotmilan-Vorkommen auf: Die Zahl der Reviere sei von zwei auf vier gestiegen. Auch einen Horst hätten die Fachleute entdeckt. Er liege im Abstand von 1600 Metern zu den möglichen Anlagenstandorten. Die drei anderen Reviere seien sogar mindestens drei Kilometer entfernt. Der vorgeschriebene Mindestabstand eines Windrads zum Horst eines Rotmilans beträgt 1500 Meter.
Vertretbare Entfernung
Auf Grundlage dieser Daten geht die Stadt Amorbach davon aus, dass sich die Ausnahmezone für Windkraft nicht derart verkleinern müsste, wie jetzt im Zonierungskonzept vorgesehen. Den Einwand wird der Bezirkstag abzuwägen haben. »Die Standorte der Stadt liegen in einer für den Rotmilan vertretbaren Entfernung«, sagte Gerhard Köhler. Er hob hervor, die neue Untersuchung der Vogelarten sei wesentlich genauer als die alte Studie. Damals seien 54 Stunden aufgewandt worden, 2015 waren es 162.
CSU-Fraktionsvorsitzender Bernhard Springer erklärte, die Stadt wolle am eingeschlagenen Weg festhalten. »Aber wir müssen streng auf naturschutzrechtliche Vorschriften achten.« SPD-Sprecher Jan Burschik ergänzte: »Wir haben schon immer gesagt, dass wir unser Vorhaben nicht weiterverfolgen, wenn fundierte Fakten dagegensprechen.« Das ist im Zonierungsverfahren aus Sicht der Stadt aber bislang nicht der Fall.
Sabine Balleier
