Großes Interesse an Eulschirbenmühle in Bronnbach
Historischer Verein:Paczkowski füllt mit Vortrag in Bronnbach den Saal komplett
Eingeladen hatten der Historische Verein Wertheim und das Internationale Zentrum für Kulturgüterschutz und Konservierungsforschung im Fraunhofer-Institut, dessen stellvertretende Leiterin Katrin Wittstadt sich überwältigt zeigte vom großen Zuspruch. Sie begrüßte die Gäste sowie den Referenten Jörg Paczkowski zum ersten Vortragsabend des Jahres.
Den Titel »Dichtung und Wahrheit« erläuterte der Kunsthistoriker: Was die Dichtung angehe, interessiere er sich »unheimlich« für Märchen und Sagen, und am Wasser, eben auch bei einer Mühle, gebe es immer Wassergeister, meist schöne Frauen. Die Wahrheit über die Eulschirbenmühle zeigte er an der historischen Bedeutung des Gebäudes auf, das heute in Privatbesitz ist und leer steht.
Schon im 13. Jahrhundert ist an dem Platz in Taubernähe zwischen Kloster Bronnbach und der Gamburg eine Mühle urkundlich erwähnt. Viele Besitzer finden sich in den Archivalien. Mal war der Abt der Herr, mal die Grafen. Der Bau der heutigen »Herrschaftsmühle« erfolgte zwischen 1590 und 1595. Die Wappen ihrer Erbauer Kronberg und Brendel sind noch über dem Haupteingang zu sehen, ebenso eine Hochwassermarke von 1595. Die Eulschirbenmühle bezeichnet Paczkowski als »eine der bedeutendsten Bauten der Echterzeit, ein Musterbeispiel der konsequent umgesetzten Ideen, den einzigen Bau, der konsequent erhalten ist«.
Den sogenannten Echter-Stil der Mühle, benannt nach dem Würzburger Fürstbischof Julius Echter (1545 bis 1617), wies Paczkowski anhand von vielen Bildbeispielen nach. Immer handelte es sich um Profanbauten wie Amtshäuser, Stadtpalais oder Schlösser. Die Besucher staunten nicht schlecht, denn die Eulschirbenmühle weist alle Elemente des Echter-Stils auf: konsequente Symmetrie, identische Schweifgiebel, ovales Fenster ganz oben und eine muschelartige Schale auf der Spitze. Der Treppenturm, in dem die Stufen bis zum Wasser gehen, liegt außen und in der Mitte, rechts und links gibt es je einen Erker, damals hochherrschaftliche Symbole. Auch die beiden »Zwerchhäuser« genannten Dachaufbauten sind typisch.
Elemente dieses Stils wie Schweifgiebel, Erker oder Treppenturm finden sich in Wertheim an Gebäuden in der Brückengasse (heute NKD) oder an der Mühlenstraße (Commerzbank).
Bis 1918 gab es in der Eulschirbenmühle noch einen Müller. Das Mühlrad wurde in den 50er-Jahren abgebaut, Anbauten abgerissen. Der Bau an sich ist wieder in seinem Urzustand. Die Wasserkraft wird seit Langem zur Stromerzeugung für Külsheim genutzt. Beate Kilian und ihr Sohn Marko, Nachfahren des letzten Müllers, hatten ein Aquarell der Mühle von A. Heubach aus dem Jahr 1900 mitgebracht, auf dem die Anbauten noch zu sehen sind.
Und wie kam es zu den Sagen, die sich rund um die Eulschirbenmühle ranken? Paczkowski brachte einige Beispiele vom »Wassermann unter der Gamburger Brücke« über die »Drei Märtel« bis zu »Fried und Unfried« mit. Immer geht es um die Verknüpfung von Erfundenem mit der Realität, um Versuchungen, um Einladungen, den Geistern ins Wasser zu folgen, oder die Geister zu erlösen.
Die bekannteste Sage, »die schöne Melusine«, liefert eine Erklärung für die Pracht der Eulschirbenmühle. Als fleißige Müllersmagd hatte sie von Donnerstag bis Samstag frei, was den Müller nicht störte, da sie an den anderen Tagen doppelt so viel arbeitete. Der Herr der Gamburg verliebte sich in die schöne Magd, spionierte ihr nach und fand heraus, dass sie eine Nixe war, die an den freien Tagen im Wasser verschwand. Sie wurde seine Geliebte, und er baute ihr die Mühle wie ein Schloss, in dem auch heute noch die Stufen ins Wasser führen.
Sie konnte arbeiten, unbehelligt verschwinden und wieder zurückkommen. In ihrer Abwesenheit ging er zu seiner Frau auf die Burg.
Gab es tatsächlich eine Geliebte? Wurde für sie ein Schlösschen gebaut? Die Stufen gibt es jedenfalls noch.
In der anschließenden Diskussion machten viele Besucher deutlich, dass sie nicht verstehen, warum ein so einmaliges Denkmal aus der Echter-Zeit nicht zugänglich ist, sondern seit fast 40 Jahren leer steht und in einem sehr schlechten Zustand ist. Gespräche mit den Besitzern sind wohl bisher ins Leere gelaufen.
Auf Unterstützung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz angesprochen, meinte Paczkowski, dass dazu die Besitzer mit ins Boot müssten. Bürgerliches Engagement für das »Großod« sei wünschenswert.
