Diesmal kein Stopp an der Eisscholle
Wassersport: Am Neujahrsmorgen starten die Aktiven des Wertheimer Kanu-Clubs auf dem Main ins Jahr 2019
»Viel zu warm, aber ansonsten optimal«, befanden die Profis am Morgen des Neujahrstages. »Dieses Jahr waren wir schließlich noch nicht auf dem Wasser«, erklärt einer der Kanuten die unbedingte Dringlichkeit des Unterfangens. Auf dem Wasser zu sein ist dabei wichtig - im Wasser hingegen taugt nicht. »Paddler sind wasserscheu«, sagt der KC-Vorsitzende Friedrich Andres dazu, um deutlich zu machen: »Da muss also jetzt heute nicht unbedingt einer in den Bach fallen.« Der Bach, das ist in diesem Fall der Main bei Eichel.
Rund zehn Kilometer soll es stromabwärts gehen, bis zur Schleuse Faulbach. »Dauert ungefähr ne Stunde«, sagt Andres. Ein anderer hebt die Braue - der Chef habe es wohl eilig? Doch doch, dass sei zu schaffen, denkt Andres. Er habe die Strecke drei Tage zuvor abgefahren. »Wir haben leichtes Hochwasser, bei Bestenheid steht der Main bis fast an den Radweg.«
Frieda Bauer (82) kommentiert das nicht weiter, als sie erklärt, dass sie eine Spätberufene sei. »Mit 70 bin ich zum allerersten Mal auf dem Wasser gewesen«, sagt sie. Der Chef könne so flott paddeln wie er wolle, für sie sei es heute kein Sport, sondern die reine Erholung. »Ich will mich da jetzt nicht groß anstrengen, nur auf dem Wasser sein und schauen«, sagt sie. Die Kälte schreckt die überaus rüstige Dame nicht die Spur, wenngleich: »Ich finde an sich 25 Grad und Sonnenschein wirklich ideal, um aufs Wasser zu gehen.«
Hans Kneucker (81) ist seit 60 Jahren Kanufahrer. »Das Wetter ist die Herausforderung«, sagt er. Später solle noch Schneeregen kommen, das sei dann nicht ganz so schön. An sich aber: alles easy. Vor Jahren sei er in der Rhön einmal bei strengem Frost gekentert, da war er mit dem Bug unter eine Eisscholle geraten. Diese Gefahr bestehe heuer schon mal nicht, sagt der 81-Jährige. Es habe schon Jahre gegeben, da sei er auf eine Eisscholle ausgestiegen, flicht der Vorsitzende ein. Das sei aber auch schon wieder sehr lange her, bremsen die anderen Clubkameraden. Der Winter tauge so recht nicht mehr.
Schrecken müsse er einen dennoch nicht, es sei eine Frage der Ausrüstung, sagt Andres. »Bis minus 15 oder minus 20 Grad geht das ganz gut, danach wird allerdings das Wasser ziemlich zäh«, sagt er. Jener Teil des Körpers, der im Boot sei, sei ohnedies eigentlich meist recht warm, sagt Andres. Selbst da könne man noch nachhelfen, seine Frau sei eben unterwegs, ihre Kirschkernkissen in die Mikrowelle zu legen.
Und auch für jene Körperteile außerhalb des geschlossenen Kanu könne man vorsorgen. Andres präsentiert etwas Schwarzes und Wasserabweisendes. »Paddelpfötchen«, sagt er nur. Es handelt sich um eine Art von Handschuh, den man um das Paddel legt und wasserdicht festklettet und dann die Hand hinterher schiebt. Paddelpfötchen taugten sogar im Eismeer, sagt Andres und lobt das Generationsübergreifende seines Sportes.
»Bei den großen Touren da haben wir alles dabei, vom Knirps mit Windelpaket bis zum Senior mit Rollator?«, holt er aus und räumt dann ein, dass man da jetzt doch eher von Schönwetterveranstaltungen spreche. Die Sache mit dem Eispaddeln, die erfordere eine gewisse Zähigkeit - und so richtig kommt die scheinbar erst mit dem Alter.
