Zwischen zwei Kulturen

Anna Ewelina: Schauspielerin verarbeitet in Drehbuch Erfahrungen als Polizeidolmetscherin - Dienstag im BR

Aschaffenburg
4 Min.

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Die aus Aschaf­fen­burg stam­men­de Schau­spie­le­rin An­na Ewe­li­na hat ein Dreh­buch ge­schrie­ben. Ihr Film »Isch heisst«, in dem sie auch die Hauptrol­le spielt, hat­te kürz­lich Pre­mie­re bei den Film­ta­gen in Hof und läuft in der Nacht zum Mitt­woch im Baye­ri­schen Fern­se­hen (BR). Im Ge­spräch schil­dert sie, wie viel die Ge­schich­te ei­nes pol­ni­schen Im­mi­gran­ten mit ih­rem Le­ben zu tun hat.

Sie sind Schauspielerin. Woher kam der Impuls, selbst ein Drehbuch zu schreiben?
Schauspieler kommen gewöhnlich mit fremden Drehbüchern ans Set, mit denen sie mehr oder weniger zufrieden sind. Generell heißt es ja, man soll zur Steigerung der eigenen Kreativität mit der linken Hand schreiben. Ich hab das im übertragenen Sinne gemacht, indem ich ein Drehbuch verfasste. Es ging mir darum, eine Geschichte für mich alleine zu entwickeln. Ich wollte sehen, was das mit mir macht.

Worauf beruht die Geschichte Ihres Kurzfilms?
Sie basiert auf einer Begebenheit, die ich selbst erlebt habe. Allerdings liegt sie eine Weile zurück. Während meines Schauspielstudiums in Frankfurt hatte ich einen Nebenjob als Dolmetscherin bei der Aschaffenburger Polizei, da ich Polnisch als Muttersprache spreche. Das habe ich eine ganze Weile gemacht. Ich hatte sehr viele interessante Begegnungen mit Menschen, denen ich in meinem privaten Leben nie begegnet wäre. Ich habe gemerkt, dass man ganz schnell eine Mauer um sich herum zieht, damit einem die Schicksale nicht zu nahe gehen. Eine Ausnahme war die Geschichte eines polnischen Obdachlosen, der unverschuldet in diese Situation geriet. Die hatte mich sehr berührt. Auf dieser Basis habe ich angefangen zu scheiben.

Hatten Sie schriftstellerische Erfahrungen?
Als Jugendliche hatte ich Kurzgeschichten geschrieben. Das hatte ich aber völlig verdrängt. Es ist mir jetzt beim Scheiben wieder eingefallen Ich hatte ja schon mit meinem Kurzfilm »Würde« Erfolg, der ihm Rahmen der Berlinale einen Preis gewonnen hat. Das war damals aber Teamwork. Dieses mal habe ich mich ganz alleine hingesetzt und geschrieben.

Wie leicht fiel Ihnen der Schritt, das Erlebte in ein Drehbuch zu übertragen. Lernt man als Schauspieler, wie ein gutes Drehbuch aufgebaut ist?
Leider nicht von selbst. Ich habe auch keine Kurse belegt, aber der Regisseur Stefan Najib aus Stuttgart hat mich ein bisschen an die Hand genommen. Jedes Mal wenn ich eine Fassung fertig hatte, gab ich sie ihm zum Lesen. Er hat die richtigen Fragen gestellt, auf deren Basis ich das Drehbuch dann überarbeitete. Schließlich hatte ich 27 Fassungen meines Scripts.

War es schwer, andere von Ihrem Drehbuch zu überzeugen?
Ich hatte das Script ohne allzu große Erwartungen an den Bayerischen Rundfunk (BR) geschickt. Zwei Tage später klingelte das Telefon. Die zuständige Redakteurin fand: Das müssen wir unbedingt machen.

Sie übernahmen auch die Hauptrolle in diesem Film. Stand das für Sie von Anfang an fest?
Ja. Das war für mich klar, schon wegen der biografischen Parallelen. Es geht ja um eine Dolmetscherin, die Deutsch und Polnisch spricht. Und als Schauspielerin will ich spielen.

Wie viel Unterstützung hatten Sie?
Kurzfilm ist kein Medium, mit dem man reich wird. Daher ist das Budget auch nicht sonderlich groß. Anfangs dachte ich, ich könnte das Ganze alleine mit dem BR produzieren. Es war aber recht schnell klar, dass mir das alleine zu viel geworden wäre. Ich suchte eine Produktionsfirma, was anfangs gar nicht so leicht war. Denn es sollte ein Produzent sein, der ein Gespür für eine solche Geschichte hat, die mit Zweisprachigkeit jongliert.

Mussten Sie Kompromisse schließen?
Ich hätte den Film am liebsten in meinem Wohnort München umgesetzt. Eine Bedingung des Produzenten war allerdings, dass in Köln gedreht werden sollte. Ich bin froh, dass der Bayerische Rundfunk da mitgezogen hat, denn Köln liegt nun mal nicht in Bayern.

Ist es etwas anderes, einen Film zu drehen, für den man selbst das Drehbuch geschrieben hat?
Auf jeden Fall. Ich fand es anfangs schwierig, dass die Rolle sehr nah bei mir war. Loszulassen und zu akzeptieren, dass es nur eine Rolle ist, war eine Herausforderung. Ich glaube aber, mir ist das ganz gut gelungen.

Wie lange hat Sie das Projekt beschäftigt?
Bis zur Premiere bei den Hofer Filmtagen war es ein langer Prozess. Schreiben, Produzieren und Postproduktion haben insgesamt fast drei Jahre gedauert.

Wie ist der Film in Hof aufgenommen worden?
Sehr gut. Es ist ein Film fürs Herz. Der Film soll nicht in erster Linie unterhalten, sondern zum Nachdenken anregen. Es ist auch die richtige Zeit für das Thema dieses Films. Draußen ist es abends kalt und dunkel. Wir gehen auf die Weihnachtsmärkte und trinken Glühwein, während die Obdachlosen hoffen, dass sich ihre Becher mit ein bisschen Kleingeld füllen. Das Ausstrahlungszeit des Films wurde bewusst in die Nähe des Tags der Menschenrechte gelegt.

Werden Sie weiterhin Drehbücher schreiben?
Auf jeden Fall. Ich fand es sehr spannend. Ein Buch zu schreiben, ist ein langwieriger Prozess, was mir relativ schwer fällt, weil ich ein ungeduldiger Mensch bin. Aber ich habe schon ein paar Ideen. Eine davon werde ich ganz sicher realisieren.

Haben Sie noch Verbindung zu Aschaffenburg?
Natürlich, meine Familie und Freunde leben noch hier. Ich habe noch Kontakt zu den Menschen, mit denen ich hier gearbeitet habe. Es ist immer schön, nach Hause zu kommen. Ich freue mich schon auf Weihnachten, wenn ich ein paar Tage hier verbringen kann.

b»Isch heisst« läuft in der Nacht zum Mittwoch, 7. Dezember, im Rahmen der Kurzfilmnacht »Entwurzelt« ab 0.05 Uhr im BR. Trailer bei youtube.
Alexander Bruchlos
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