Seit 70 Jahren der Jugend eine Stimme gegeben
Junge Union: Kreisverbände Aschaffenburg-Stadt und -Land feiern Geburtstag - Kein pflegeleichter Nachwuchs
Mit 70 Jahren ist die Junge Union in Stadt und Landkreis Aschaffenburg streng genommen nicht mehr ganz »jung«. Aufs Altenteil lässt sich die Nachwuchsorganisation der CSU aber auch noch nicht schicken: Sie will noch einiges bewegen, wie die derzeitige Vorsitzende des JU-Kreisverbands Aschaffenburg-Stadt, Judith Gerlach, anklingen lässt.Wiege großer Politiker
Immerhin haben die Kreisverbände Stadt und Land in den sieben Jahrzehnten seit ihrer Gründung 1947 die Politik an vielen Stellen mitgeprägt - nicht nur auf kommunaler Ebene, sondern auch im Landtag und im Bundestag. Das verraten die Namen etlicher Politiker, die hier ihre Karriere gestartet hatten.
• Paul Gerlach, der 1947 - im damals noch selbstständigen Obernau zu Hause - den JU-Kreisverband Aschaffenburg-Land mitgegründet und geleitet hatte und später 18 Jahre lang den Wahlkreis Aschaffenburg im Bundestag vertrat.
• Günter Dehn, der von 1961 bis 1967 der Vorsitzende der Stadt-JU war, bereits in dieser Zeit dem Stadtrat angehörte und später Bürgermeister wurde.
• Hermann Leeb, der Dehn als Vorsitzender folgte, ebenfalls schon als JU-ler in den Stadtrat einzog und über den Landtag bis zum bayerischen Justizminister aufstieg.
• Winfried Bausback, der als amtierender Justizminister eine nahezu identische Laufbahn absolviert hat.
• Die Landtagsabgeordnete und Stadträtin Judith Gerlach ist derzeit die Aschaffenburger JU-Vorsitzende.
• Bürgermeisterin Jessica Euler war es von 1987 bis 1990 - damals die erste Frau, die an der Spitze des Kreisverbands Stadt stand.
Dabei hatte es die Mutterpartei CSU dem Nachwuchs speziell in der Stadt Aschaffenburg nicht immer leichtgemacht. Seit Ende der 1970er-Jahre gab es immer wieder Klagen über schlechte Platzierungen der JU-Kandidaten bei den Stadtratswahlen. 1983 dachte der damalige Kreisvorsitzende, Albrecht Wüst, sogar laut über eine eigene Stadtratsliste der Jungen Union nach.
Oft an der CSU gerieben
Umgekehrt waren die JU-ler alles andere als pflegeleichte Kinder. Immer wieder gingen sie auf Distanz zur CSU. Etwa 1987, als die Christsozialen in der Region die Müllverbrennung im Leiderer Hafen favorisierten, reihte sich die Junge Union bei denen ein, die in der Vermeidung und Verwertung von Abfällen die Lösung sahen.
Oft drängten die Aschaffenburger JU-Kreisverbände die CSU, »fortschrittlichere Lösungen« für gesellschaftliche und politische Probleme zu finden.
Gemeinsame Aktionen
In den 1990er-Jahren etwa rang die städtische JU regelrecht um Verkehrsberuhigung, Busbeschleunigung und Radwege. Das Verkehrskonzept der CSU, das bedingungslos dem Auto die Vorfahrt gab, verurteilte die Jugend offen als »antiquiert«, »phantasielos« und »mega out«
Regelmäßig traten die JU-Kreisverbände mit eigenen Veranstaltungen und Konzepten zu aktuellen Themen an die Öffentlichkeit. Gerne taten sie sich dabei auch zu gemeinsamen Aktionen zusammen.
Über die Region hinaus
Da blickte die JU auch über die Region hinaus, wenn es etwa um Gentechnologie ging, um Drogen- und Alkoholmissbrauch, um Atomwaffen oder die Deutsche Einheit, um Mitbestimmung von Jugendlichen oder um Integration.
Der Kreisverband Stadt hatte in den 1970er-Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Die Mitgliederzahl schnellte auf 230 hoch, zehn Ortsverbände entstanden in den Stadtteilen. Heute zählt die JU in der Stadt noch 40 Mitglieder, die Ortsverbände gibt es nicht mehr.
Der JU-Kreisverband Aschaffenburg-Land hat 198 Mitglieder. In 13 Landkreisgemeinden gibt es Ortsverbände. Peter Freudenberger
