Neue Perspektive fürs Aschaffenburger Mainufer

Stadtentwicklung: Weniger Autos im Grünzug am Schloss - Aufzug, Panoramaweg, Sichtachsen

Aschaffenburg
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Passt aus Sicht des Aschaffenburger Planungssenats nicht zum Schlossufer als Schokoladenseite der Stadt: der Parkplatz an der Suicardusstraße. Archivfoto: László Ertl
Foto: Laszlo Ertl
Die Neu­ge­stal­tung des Sch­loss­u­fers ist et­was näh­er ge­rückt: Bei nur ei­ner Ge­gen­stim­me hat der Pla­nungs­se­nat des Stadt­rats am Di­ens­tag ei­nen Mas­ter­plan für den Grün­zug zwi­schen Wil­li­gis­brü­cke und Pom­pe­jan­ums­fel­sen ge­bil­ligt.

Der Plan bildet die Leitlinien für die künftige Entwicklung ab, er ist in etlichen Punkten noch nicht verbindlich, wie die Diskussion gezeigt hat.

Das Stadtplanungsamt wird den Masterplan zunächst in Einzelprojekte gliedern, die dann mit den Bürgern diskutiert und im Stadtrat beschlossen werden. Für den Plan insgesamt ist keine Bürgeranhörung vorgesehen. Er sei schließlich das Ergebnis einer umfassenden Bürgerbeteiligung, für die Aschaffenburg sogar Fördermittel des Bundes bekam, rief Stadtentwicklungsreferent Bernhard Keßler in Erinnerung.

Schlossterrassen-Beirat, Gutachter-Wettbewerb und Bürgerbeteiligung hätten in den vergangenen zehn Jahren eine Fülle von Vorschlägen hervorgebracht. Der Stadtrat habe sie politisch bewertet und die Auswahl getroffen, die nun im Masterplan enthalten sei.

Einiges schon umgesetzt

Die Stadt sei bei alledem nicht untätig geblieben, erklärte Keßler. Einige Elemente zur Schlossufer-Gestaltung, die sich jetzt im Masterplan fänden, seien bereits umgesetzt. Exemplarisch nannte er die Einrichtung des Biergartens am Theoderichstor, Sitzgelegenheiten am Wasser oder die »Sommerbühne« auf einer der Wiesen. Begonnen habe der Ausbau der Uferpromenade für Fußgänger und Radler, der auch die gewünschten Sitzstufen-Anlagen am Main beinhalte - ein Kernpunkt der Schlossufer-Gestaltung.

Es bleibt aber einiges zu tun, versicherte der Tübinger Landschaftsarchitekt Stefan Fromm. Er hatte schon am Gutachter-Wettbewerb teilgenommen und jetzt den Masterplan entwickelt, den er im Planungssenat erläuterte.

Parkplatz deutlich reduziert

Ein Hauptanliegen ist die völlige Neugestaltung des zentralen Uferabschnitts unmittelbar vor der Wappenmauer des Schlosses. Er dient heute als ungeordneter Parkplatz mit über 200 Stellplätzen, die ausschließlich über die schmale Suicardusstraße erschlossen sind. Der Masterplan sieht hier nur noch 100 Stellplätze vor, die dann - abgerückt vom Schloss und der Wappenmauer - rechtwinklig an der Mainseite der Suicardusstraße angeordnet sind.

In der bisherigen Schlossufer-Planung hatte der Stadtrat diesen Punkt ausgeklammert, war er doch stets heftig umstritten. Dennoch gab es am Dienstag im Planungssenat eine breite Mehrheit für die Reduzierung und Neuordnung des Parkplatzes.

Schokoladenseite

Peter Schweickard (CSU) sprach von der Schokoladen- und Postkartenseite der Stadt, Erich Henke (SPD) von der Schokoladen- und Bilderbuchseite Aschaffenburgs. Der heutige Parkplatz passe nicht dazu. Dennoch sei es richtig, 100 Stellplätze zu erhalten, weil das der Oberstadt »Spielräume eröffne«, so auch Stefan Wagener (Grüne). Die Verwaltung arbeite zudem an Alternativen für die Pendler, die den Parkplatz vorwiegend nutzen, kündigte Oberbürgermeister Klaus Herzog (SPD) an. Die Diskussion ließ aber erkennen, dass hier noch nicht alle Streitfragen gelöst sind: SPD und Grüne sahen den künftigen Parkplatz an der Suicardusstraße eher als Angebot für die Oberstadt-Anwohner und Marktbeschicker, während sich die CSU nicht auf eine Bewirtschaftung festlegen wollte. Johannes Büttner (KI) lehnte auch den reduzierten Parkplatz ab, der noch zu nahe am Schloss liege: Das sei die »Spitze der Schokoladenseite«.

Blühwiese und Bühne

Wie lässt sich der zentrale Uferabschnitt am Schloss stattdessen nutzen? Der Masterplan sieht gestaltete Blühwiesen, einen Bereich für eine mobile Bühne und ein Gastronomiegebäude vor. Der Gebäudevorschlag dürfte aus der Detailplanung herausfallen: Der Stadtrat hatte Neubauten an dieser Stelle 2015 klar abgelehnt.

Im Planungssenat unstrittig war der Vorschlag des Masterplans, die Slipanlage und den Platz am Theoderichstur besser zu fassen und dabei den Biergarten zu vergrößern. Auf Gegenliebe stieß auch der Plan, die historische »Kranichmauer« freizulegen, die Sichtbeziehung von der Oberstadt zum Main mit Blickachsen zu verbessern und auf dem erhöhten Bereich des Ufers einen durchgehenden Panoramaweg anzulegen, der heute schon abschnittweise vorhanden ist. Als vordringlich gar wünschten sich die Stadträte einen Aufzug zum Schlossplatz (Kastanienhain), um eine barrierefreie Verbindung zwischen Mainufer und Oberstadt herzustellen.

Määkuh wieder drin?

Andere Punkte stießen auf Kritik des KI-Stadtrats Büttner, der den Masterplan als einziger ablehnte: Er wandte sich gegen Querwege und Sitzstufen in der beliebten Liege- und Spielwiese, weil sie die heutige Nutzung verhinderten, und gegen Blickachsen durch den Bewuchs der Insel vor dem Ufer. Auch einen Ausbau der Suicardusstraße, der nicht nur die Erschließung des Ufers für Autos, sondern auch für Fußgänger und Radler verbessern soll, sah Büttner kritisch: Hier werde historisches Pflaster vernichtet.

Ein Punkt, der nicht im Masterplan war, könnte hineinkommen: das Kettenschleppschiff Määkuh. 2015 habe der Stadtrat das Technikdenkmal nur abgelehnt, weil der Standort zu nahe am Schloss lag, hieß es am Dienstag. Die Stadtverwaltung soll mit allen Beteiligten reden, ob sich ein anderer Liegeplatz am Schlossufer finden lasse.

PETER FREUDENBERGER
 
 
Kommentar: Das sollte zu packen sein
 
Es sieht so aus, als wollte Oberbürgermeister Klaus Herzog die Verlängerung seiner Amtszeit nutzen, um noch einiges voranzutreiben, was schon auf die lange Bank geschoben schien. Vom neuen Verkehrskonzept für die Innenstadt war am Mittwoch im Umweltsenat die Rede, vom zukunftsweisenden Umbau des öffentlichen Personen-Nahverkehrs am Donnerstag im Werksenat. Und am Dienstag brachte der Planungssenat mit einer verblüffend breiten Übereinstimmung den Masterplan für das Aschaffenburger Schlossufer auf den Weg.

»Die Zeit ist reif« , urteilte Herzog. Es gibt auch keine Bremskeile mehr, mit denen sich die Mainufergestaltung weiter hinauszögern lässt. Alle Mittel sind ausgeschöpft: Der Schlossterrassenbeirat hat sein Ergebnis vor zehn Jahren vorgelegt. Ein Gutachter-Wettbewerb schloss sich an, dann eine Bürgerbeteiligung mit bundesweitem Modellcharakter. Und immer wieder setzte sich der Stadtrat mit den Ergebnissen auseinander.

Dennoch ist es fraglich, ob die Übereinstimmung im Stadtrat anhält, wenn aus dem Masterplan Einzelprojekte entstehen, zumal dann, wenn in der öffentlichen Diskussion Kritik aufkommt. Der Wankelmut der Stadträte in Sachen Määkuh zeigt, wie wenig sie es sich mit einflussreichen Interessensgruppen verderben wollen – und hinter dem Parkplatz Suicardusstraße steht eine sehr große Lobby. Streit ist auch deshalb programmiert, weil einzelne Stadträte offensichtlich nicht mehr in der Lage sind, von ihren Standpunkten anzugehen und Kompromisse zu schließen.

Viel Neues steht im Masterplan eigentlich gar nicht drin, das sollte doch zu packen sein. Wie sagte doch schon Herzogs Vorgänger Willi Reiland in Sachen Mainufer-Grünzug? »In spätestens zwei Jahren ist alles fertig.« Das war im Juni 1971 – vor 47 Jahren.
 
PETER FREUDENBERGER
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