Es gibt andere Gründe für leere Läden in den Innenstädten

Podiumsdiskussion: CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär begreift den Onlinehandel nicht als Gefahr, sondern auch als Chance

Alzenau
3 Min.

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Einkaufen in Alzenau: Über 100 Fachgeschäfte bieten ihre Dienste an - hier bei Goldbach in der Hanauer Straße.
Foto: Florian Emge
Macht der On­li­ne­han­del den Lä­den in den In­nen­städ­ten den Gar­aus? Mit die­ser Fra­ge be­fass­te sich die Jun­ge Uni­on Aschaf­fen­burg-Land, die im Mi­chel­ba­cher Schlös­schen ei­ne Po­di­ums­dis­kus­si­on or­ga­ni­siert hat­te. Mo­de­ra­tor Mi­cha­el Kohl be­grüß­te knapp 40 Zu­hö­rer.
Beispielhaft war von Alzenau die Rede, wo die Gemeinschaft Handel und Gewerbe jüngst die Webseite www.alzenau-in.de freischaltete und als »moderne Onlineplattform für Kunden« bewirbt.
Auf die konkrete Frage: Sterben die Läden in Alzenau wegen des Onlinehandels? antwortete nach der Veranstaltung Bürgermeister Alexander Legler im Gespräch mit unserer Redaktion. Er verneint.
Legler sagt, er wisse von keinem Alzenauer Geschäft, das wegen der Internet-Konkurrenz die Segeln habe streichen müssen. »Mir sind hingegen viele Läden bekannt, bei denen die Besitzer eine Altersgrenze erreicht haben, nach der sie nicht mehr aktiv sein wollten.« Alzenau verfüge glücklicherweise über eine funktionierende und kreative Geschäftswelt. »Es gab und gibt immer wieder auch Leerstände«, ein Massenphänomen sei dies aber nicht. Und immer wieder gebe es auch Anfragen und neue Geschäftsideen, die Platz bräuchten. »Da ist es nicht so schlecht, wenn es auch ein Angebot gibt.«
In der CSU-Veranstaltung sagte Alexander Legler, dass es an den Kommunen sei, für ein passendes Umfeld und für Belebung zu sorgen. Sitzbänke, kleine Grünflächen und Bäume werden beim Shopping als angenehm empfunden. Ein Gesamtkonzept sei sinnig. Dazu zählen in Alzenau auch die Ziele, Musik- und Volkshochschule in der Stadtmitte zu platzieren.
Für diese Äußerungen wurde er von Ralf Ludewig in den höchsten Tönen gelobt. Es fehle an Politikern, die wüssten, wie man den Einzelhandel stärken könne: »Überdimensionierte Gewerbegebiete am Stadtrand und die Parkplatzüberwachung im Stadtkern machen die Innenstädte kaputt«, meint der Unternehmer und Verbandsfunktionär.
Negative Ökobilanz
Dorothee Bär weiß um die Probleme, die der Onlinehandel mit sich bringt. Die Ökobilanz sei verheerend, der Straßengüterverkehr werde weiter stark zunehmen. Ein Großteil der bestellten Ware würde mittlerweile zurückgeschickt. Und dennoch: »Das Rad wird sich nicht zurückdrehen lassen. Es werden nicht die Bedenkenträger übrig bleiben«, warnt die Staatssekretärin und empfiehlt den Geschäftsleuten, sich ergebende Chancen zu nutzen.
Auf die Anregung eines Versammlungsteilnehmers, die Onlinehändler an den Straßenausbau- und Unterhaltungskosten zu beteiligen, wurde indes auf dem Podium nicht näher eingegangen.
Die Politik könne noch so manche Ungereimtheit beseitigen, meint Unternehmer Helmut Reinke. Sein Beispiel: Während Einzelhändler beim Aufbau von Onlineportalen vom Land finanziell unterstützt würden, fließe kein Cent, wenn sich Einzelhändler zusammenschließen würden um eben dies zu tun. So müsse die Alzenauer Gemeinschaft Handel und Gewerbe die Kosten in Höhe von 35 000 Euro für den Internetauftritt www.alzenau-in.de alleine stemmen. Nicht nur von der Politik komme keine Hilfe, auch die Presse würdige das Werk nicht. Ein Zuhörer sagte, dass der Internetauftritt gelungen sei - aber es fehle der Onlineshop: »Ich kann darüber nicht einkaufen.« Der Shop war gewünscht, doch dafür habe der Etat nicht gereicht, erklärte Reinke, der mit einem anderen Thema mehr Zustimmung einfuhr: Dem Treiben der Abmahnvereine müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Er selbst habe erlebt, dass er wegen einer Nichtigkeit 1000 Euro Strafe zu zahlen hatte. »Ich hätte im Internet angeben müssen, dass ein angepriesener Wein Sulfide enthält.«
Dennoch mahnt Andrea Lindholz: »Jeder ist verantwortlich für seine Seite. Das ist ein Grundsatz.« Fragen des Datenschutzes, der Geschäftsbedingungen und des Widerrufs müssten beim Onlinehandel geklärt sein.
Zu den Erkenntnissen des Abends zählt:
• Es gibt keine Einbahnstraße. Den Kunden, die sich in Geschäften informieren und online kaufen stehen vermehrt jene gegenüber, die sich online informieren und in Geschäften kaufen.
• Kreativität ist gefragt. Es bringe wenig, wenn Einzelhändler auf Online-Verkaufsplattformen Ware anbieten, die hundertfach im Netz zu finden sei. Das Besondere macht es.
• Der Onlinehandel muss kein Ladensterben auslösen, wenn der Einzelhandel seine Chancen nutzt.
Michael Müller
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