Bei Gedenkmarsch in Aschaffenburg an Opfer des Faschismus erinnert
Rund 100 Teilnehmer ziehen durch die Innenstadt
Diese hatte gemeinsam mit »Attac Aschaffenburg - Miltenberg«, dem »Bündnis gegen Rechts«, der »Initiative Stolpersteine«, »Die Linke Aschaffenburg«, und der »Interventionistische Linken« zu der Veranstaltung aufgerufen. Ausgangspunkt eines Gedenkmarsches durch die Innenstadt war der Kurt-Eisner-Platz am Herstallturm. Mit gutem Grund, so KI-Sprecher und Stadtrat Johannes Büttner: »Die Ermordung des Juden und ersten republikanischen bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner steht am Beginn einer verhängnisvollen Entwicklung, die in der Reichskristallnacht vom 9. November 1938 gipfelte.«
Nächste Station war die Gedenktafel für die Opfer des Faschismus an der Sandkirche. Ihrer zu gedenken, sei gerade in »Corona-Zeiten« aktuell, hieß es unter Hinweis auf «antisemitische Tendenzen« in der »Querdenker«-Bewegung: »Wenn Maskenverweigerer behaupten, sie seien durch staatliche Corona-Verordnungen genauso verfolgt wie seinerzeit die Juden im Dritten Reich, dann ist dieser Vergleich eine Verhöhnung aller NS-Opfer.«
Neue Gedenktafel für Peter Gingold
Wie bereits am Herstallturm sorgte auch an der Sandkirche Attac-Sprecher Reinhard Frankl mit Liedern aus der Widerstandsbewegung für die passende musikalische Einstimmung. Und dies auch am nächsten Ziel, der Steingasse 27, mit einem Text zu Ehren des dort geborenen Peter Gingold (siehe »zur Person«). Dort brachte Johannes Büttner zugleich auch eine Gedenktafel an. Zur Abschlusskundgebung versammelten sich die Teilnehmer, darunter auch viele Angehörige der jüngeren Generation, auf dem Wolfsthalplatz.
Peter Gingold wurde am 8. März 1916 als Sohn eines polnischstämmigen jüdischen Schneiders geboren, dessen Familie noch vor dem Ersten Weltkrieg wegen des zunehmenden Antisemitismus in der alten Heimat nach Aschaffenburg auswanderte. Aus Angst vor Verfolgung, und weil Peter Gingold bereits in den Jugendorganisationen der Gewerkschaft und der kommunistischen Partei gegen die immer stärker werdenden Nazis kämpfte, emigrierte die Familie 1933 nach Frankreich. Dort war Peter Gingold zunächst als Journalist tätig. Dann schloss er sich der Resistance an, geriet in Gestapo-Haft, aus der er aber wieder fliehen konnte. Das Kriegsende erlebte er als Mitglied italienischer Partisanenkämpfer. Nach 1945 wurde er in Frankfurt am Main sesshaft und zunächst in der hessischen KPD aktiv, nach deren Verbot in der späteren DKP und nach 1989 in der PDS, für die er 1990 für den Bundestag kandidierte. Peter Gingold engagierte sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, dem Bund der Antifaschisten und im Auschwitzkomitee. Die internationale Liga für Menschenrechte verlieh ihm 2004, zwei Jahre vor seinem Tod, die Carl-von-Ossietzky-Medaille.
