Ein Leben lang im kleinen Dorf

Schlierbacher Geburtstagskinder:Helma Krapp hatte nie das Bedürfnis, woanders zu wohnen

Schaafheim
2 Min.

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Am 30. August seit 73 Jahren Schlierbacherin: Helma Krapp. Foto: Klaus Holdefehr
Foto: Klaus Holdefehr

Vor 1250 Jahren ist der Schaafheimer Ortsteil Schlierbach das erste Mal urkundlich erwähnt worden. Da sollte in diesem Jahr groß gefeiert werden. Doch dann kam Corona und machte einer rührigen Dorfgemeinschaft einen dicken Strich durch die Rechnung. Jetzt hoffen alle auf 1250+1. Und zum Trost gibt es im Jubiläumsjahr ja noch die Main-Echo-Serie mit den Schlierbacher Geburtstagskindern. Für den August steht Helma Krapp. Sie gehört zu Schlierbach wie der FSV, die Feuerwehr, der Gesangverein und die Kerb.

Helma Krapp ist nämlich nicht nur im Ort geboren, sondern hat zeit ihres Lebens auch nie woanders gewohnt. Heimat als Selbstverständlichkeit, sozusagen. Einzig die vielen Wanderurlaube in Ellmau am Wilden Kaiser definieren einen weiteren Angelpunkt in ihrem Leben. »Aber mit dem Laufen geht es ja nicht mehr so wie früher«, sagt die verwitwete und alleinlebende Frau, die am 30. August ihren 73. Geburtstag feiert und durchaus drahtig wirkt. Dazu trägt gewiss auch ihr regelmäßiges Training bei den Gymnastikfrauen des FSV bei.

»Alleinlebend« ist so ein familienständlerischer Terminus, denn so richtig allein ist Helma Krapp eher selten. Da ist nicht nur die Verwandtschaft im Haus, sondern auch ihr vielfältiges gesellschaftliches Engagement. Sie ist nicht nur im Kirchenvorstand, sondern dient dem Gesangverein Liederkranz als Vorsitzende. Seit über 60 Jahren ist sie Mitglied und weiterhin aktive Sängerin in einem Frauenchor, der inzwischen allerdings leider auf ganze zwölf Sängerinnen geschrumpft ist. Besserung ist nicht in Sicht, und so steht dieses Ensemble paradigmatisch für das Schwinden sozialer Infrastruktur im Dorf.

Früher war mehr los - das machen viele Sätze ihrer Erinnerungen deutlich. In der Nachkriegszeit gab es ja längst noch nicht so viel Autoverkehr wie heute. Die Hinkel liefen zwar nicht mehr auf der Gass' herum, aber die Dorfjugend wie auf einem großen Abenteuerspielplatz. Ein beliebter Treffpunkt war die Berghohl, wo in den Wintern, als es solche noch gab, auch Schlitten gefahren wurde. Und das Dorf hatte eine Schule, die Helma Krapp von 1954 bis 1962 besuchte. Sie erinnert sich noch an den Lehrer Johannes Held, der später die Friedensschule in Groß-Zimmern leitete.

Zwei Geschäfte gab es, dazu zwei Wirtschaften, die Kätha und den Alten Fritz, letztere ein Treffpunkt der Jugend. Als die ersten über ein Auto verfügten, ging's abends auch mal raus, vorzugsweise zur Autobahnraststätte Weißkirchen, wo schon ein Hauch der weiten Welt vorbeibrauste - und ein wenig Fernweh machte? »Ich hatte nie das Bedürfnis, woanders hinzuziehen«, versichert Helma Krapp lächelnd. So blieb sie in dem Haus, dessen Grundsubstanz ihr Opa 1927 als Maurer selbst errichtet hat. »Auswärts« gearbeitet hat sie, musste dabei aber nicht weiter pendeln als bis nach Schaafheim und zur ELB-Schliff nach Babenhausen. Und nach der Eheschließung mit Walter Krapp folgte sie 1979 dem traditionellen Rollenbild und wurde Hausfrau. Zwei Söhne hat sie, einer spielt noch immer Fußball beim FSV.

Enkel hat sie noch nicht, »aber ich habe auch keine Angst davor, dass mich jemand Oma ruft«, versichert sie lächelnd und blickt über ihren weitläufigen Garten. »Ich pflege das Anwesen, da habe ich schon einiges zu tun.«

Und dann sind ja auch noch die ehrenamtlichen Einsätze, wenn auch gegenwärtig in corona-reduzierter Zahl. Optimistisch blickt sie in Richtung Adventssingen, das ja auch als eine Art Abschluss des Jubiläumsjahrs gedacht ist. Lieblingslied: »Geh aus, mein Herz und suche Freud?«

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