»Völlige Neubewertung der Arbeit«
Vortrag:Professor Sascha Liebermann plädiert in Miltenberg für das bedingungslose Grundeinkommen
Der auf Initiative der Aschaffenburger Wirtschaftsjunioren nach Miltenberg gekommene Professor für Soziologie an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft machte am Dienstag vor 50 Gästen im Alten Rathaus keinen Hehl daraus, dass er ein solches Einkommen befürwortet. Es soll so hoch sein, dass man, sofern man nicht besonderen Hilfebedarf hat, davon leben kann.
Das, so Sascha Liebermann, würde jedem Menschen ein Leben ermöglichen, ohne vom Staat kontrolliert oder maßgeregelt zu werden. Ein solches Einkommen würde jeder Mensch automatisch bekommen – egal wie vermögend er ist und hoch sein Erwerbseinkommen ist.
»Die Arbeit wird völlig neu bewertet«, so Liebermann. Es gehe dann nicht darum, möglichst viele Arbeitsplätze bereitzustellen, vielmehr werde Arbeit künftig an der Leistung gemessen. Jeder könne sich frei entscheiden, ob ihm das Grundeinkommen ausreicht oder ob er zusätzlich etwas tun will, was seinen Neigungen entspricht. »Firmen, die ein gutes Arbeitsklima haben, werden keine Probleme mit mangelnden Arbeitskräften bekommen«, glaubt der Fachmann. »Wenn Sie etwas tun, was Sie auch wirklich tun wollen, ist die Chance auf Leistung maximiert«, findet er und ist überzeugt, dass Grundeinkommen auch Innovationen fördert.
Das Grundeinkommen soll langfristig Leistungen wie Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, BAföG und Kindergeld ersetzen; Rentenansprüche müssten umgewandelt werden. »Das bedingungslose Grundeinkommen wäre ein kompletter Bruch mit dem heutigen Sozialstaat«, fasste Liebermann zusammen. Mit Blick auf den befürchteten Arbeitsplatzabbau aufgrund der Digitalisierung zeigte sich Liebermann davon überzeugt, dass der Sozialstaat keine Antwort darauf habe. Welche Auswirkungen die Digitalisierung wirklich haben werde, darüber gebe es zwar »Studien, aber keine gesicherten Befunde.«
Wie das Grundeinkommen finanziert werden soll, lautete eine von mehreren skeptischen Fragen aus Reihen der Zuhörerinnen und Zuhörer. Das hänge davon ab, wie hoch das Grundeinkommen sein soll, antwortete der Professor. Neben der Streichung von Sozialleistungen und deren Ersatz durch das Grundeinkommen sei es etwa möglich, den Steuergrundfreibetrag abzuschaffen.
Eine konkrete Antwort, ob die Volkswirtschaft dieses Grundeinkommen finanzieren kann, blieb Liebermann schuldig – zu viele Details sind für die Ökonomen noch unkalkulierbar. »Wenn das Leistungsvermögen abnimmt, wäre das Grundeinkommen nicht finanzierbar«, steht für ihn fest . Er selbst glaubt vielmehr daran, dass es Leistungsfähigkeit freisetzt.
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